Was sich in einem Jahr alles ändern kann: Anfang 2022 hatten viele das Gefühl, dass die Wirtschaftskrise der Pandemie hinter uns lag. Doch dann begann Putin einen Angriffskrieg auf die Ukraine, und Preise fingen richtig an zu steigen.
Die Notenbanken fühlten sich irgendwann gezwungen, zu reagieren. Ob Federal Reserve (Fed) in den USA, Bank of England in Großbritannien oder die Europäische Zentralbank (EZB) in Europa. Nach Jahren der Niedrigzinsen erhöhten die Währungshüter allerorts die Leitzinsen.
Gegen Ende des Jahres 2022 hat sich der deutsche Aktienindex Dax aus dem Bärenmarkt herausgekämpft, liegt aber immer noch gut 12 Prozent im Minus im Vergleich zum Jahresbeginn (Stand 21. Dezember).
Wie geht es weiter? Mit Blick auf das Jahr 2023 stellen wir hier acht Anlagetrends vor, die helfen können, Chancen und Warnungen zu unterscheiden.
1. Die Inflation wird wohl hoch bleiben
2022 klebte die Inflation an allem. Von der Zapfsäule über den Lebensmittelladen bis hin zu Deinem Aktiendepot machte sie sich bemerkbar und es blieben Dir überall weniger wertvolle Euro, die Du investieren konntest.
Die große Frage für 2023 ist, inwiefern sich die Inflation in die richtige Richtung, an das Ziel der 2 Prozent annähern kann. Viele Experten halten das für unwahrscheinlich.
In ihrer letzten Notenbanksitzung in diesem Jahr, am 15. Dezember, hatte die EZB ihre Inflationserwartungen für die kommenden Jahre noch einmal nach oben korrigiert. Sie erwartet nun für 2023 6,3 Prozent Inflation, 2024 3,4 Prozent und 2025 2,3 Prozent.
Stimmt dies, werden Anleger zumindest in den kommenden zwei Jahren inflationsgeschützte Anlagen nachfragen. Dazu gehören unter anderem inflationsgeschützte Staatsanleihen, aber auch Sachwerte wie Gold.
2. Der Bärenmarkt könnte andauern
Die Covid-19-Börsenrakete ist abgestürzt und verbrannt. Im Juni 2022 wurde der zweite Bärenmarkt seit 2020 eingeläutet, was die Anleger dazu veranlasste, ihre Anlagen in Sicherheit zu bringen.
Obwohl die Aktienmärkte in der zweiten Jahreshälfte 2022 offiziell aus dem Bärenmarkt herausgekommen sind, liegen sie immer noch zweistellig im Minus.
Normalerweise würden Anleihen einen Bärenmarkt abfedern. Doch die aggressiven Zinserhöhungen lassen die Anleiherenditen zusammen mit den Aktienkursen fallen. Im dritten Quartal 2022 etwa erlitt das gern zitierte 60/40-Portfolio größere Verluste als ein 100-prozentiges Aktienportfolio.
Wahrscheinlich verbessert sich die Stimmung bei den Anlegern erst, wenn die Inflation spürbar nachlässt. So lange kann ein Kauf zu niedrigen Kurse riskant sein.
3. Alternative Anlagen in Betracht ziehen
Das Jahr 2023 könnte womöglich auch alternative Anlagen einen Platz in den Portfolios sichern.
Aufgrund ihrer geringen Korrelation zu traditionellen Anlageklassen wie Aktien und Anleihen können alternative Anlagen inflations- und rezessionsbedingte Schwankungen abfedern und die Rendite stärker steigern als Dividendenwerte allein.
Während sie früher nur erfahrenen Händlern vorbehalten waren, können normale Anleger über eine gute Auswahl an kostengünstigen börsengehandelten Fonds (ETFs) und Investmentfonds leicht Zugang zu alternativen Anlagestrategien wie Rohstoffen und Managed Futures erhalten.
Auch wenn die Kostenquoten tendenziell höher sind als die der durchschnittlichen Fonds, kann die Leistung alternativer Anlagen die höheren Kosten aufwiegen.
4. Festgeld kommt wieder in Mode
Wieder ganz ordentliche Zinserträge versprechen sog. Festgeldanlagen. Dabei überlässt Du einen festen Betrag über ein oder mehrere Jahre einer Bank oder einem Unternehmen, welches mit Deinem Geld arbeitet. Am Ende der Laufzeit erhältst Du Dein Geld samt Zinsen zurück.
Wer Anfang Dezember 2022 5.000 Euro für 12 Monate fest anlegen wollte, bekam bestenfalls 2,76 Prozent Zinsen pro Jahr, oder 138 Euro. Damit ist zwar die Inflation nicht wieder drin, aber ein Anfang ist es dennoch.
In unserem Festgeld-Vergleich findest Du stets die aktuellen Festgeldangebote. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Zinsen auf Festgeld nach der jüngsten EZB-Zinserhöhung, die am 21. Dezember in Kraft tritt, nochmals steigen. Der für Sparzinsen relevante Einlagenzins stieg von 1,5 auf 2 Prozent.
5. Aufgepasst bei Entlassungen
Der Hashtag des Jahres in den sozialen Medien könnte #layoff sein. Seit Mitte November wurden Zehntausende von Mitarbeitern bei Tech-Giganten wie Meta, Amazon, Lyft und Twitter entlassen.
Während die großen Tech-Namen sehr öffentlichkeitswirksame Entlassungswellen erlebt haben, gab es auch in anderen Branchen Verluste. Immobilien-Startups wie Better, Redfin und Opendoor haben Personal abgebaut, weil die steigenden Zinsen und Immobilienpreise die Hypothekenanträge, die abgeschlossenen Verkäufe und die Unternehmenseinnahmen einbrechen ließen.
Während zahlungsunfähige Aktiengesellschaften versuchen, ihre Bilanzen vor einer möglichen Rezession zu stützen, könnte das kommende Jahr das Ende den Arbeitsmarkt durchaus belasten.
Experten sagen zwar voraus, dass Hochschulabsolventen nicht um ein Jobangebot verlegen sein werden, aber Einstiegspositionen haben weniger Einfluss auf den Gewinn der Unternehmen.
Das könnte sich auf die Arbeitslosenzahlen auswirken, vor allem in technikorientierten Fachbereichen. Unternehmen, die ihre Personalkosten senken wollen, werden möglicherweise schlankere Personalprotokolle anwenden und viele Talente auf der Strecke lassen, um die Aktionäre zu beruhigen.
6. Kann sich Krypto erholen?
Es ist ziemlich einfach zu argumentieren, dass 2023 ein besseres Jahr für die Kryptowährung sein muss als 2022, da es kaum schlechter sein könnte.
Mehrere Stablecoins, darunter TerraUSD und Tether, sind 2022 aus ihren Verankerungen gerutscht und haben einen Krypto-Crash zur Jahresmitte ausgelöst, der Hunderte von Milliarden an Wert vernichtet hat. Die Kryptobörsen litten unterdessen unter Wachstumsschmerzen und Entlassungen (Coinbase) – ganz zu schweigen von der plötzlichen Pleite von FTX.
Im Jahr 2023 kannst Du nach Kryptounternehmen Ausschau halten, die Anleger mit Geschichten über Bargeldreserven locken statt mit trendigen Münzen und Prominentenwerbung. Außerdem könnte es große Entwicklungen bei der Regulierung von Kryptowährungen geben, in Europa wie in den USA.
Die US-Notenbank Fed hat Mitte November ihr 12-wöchiges Proof-of-Concept-Projekt für digitale Zentralbankwährungen (CBDC) gestartet. Die Gesetzgeber sind weiterhin bestrebt, Gesetze zur Regulierung von Kryptowährungen voranzutreiben.
Leider werden viele Blockchain-Gespräche wahrscheinlich vom FTX-Debakel geprägt sein und nicht von dem langfristigen, ungenutzten Potenzial der Technologie.
7. Neues Interesse an erneuerbaren Energien
Während in den letzten zwei Jahren Probleme mit der Lieferkette die Entwicklung sauberer Energien von Elektrofahrzeugen bis hin zu Solarzellen behindert haben, könnte 2023 ein sehr gutes Jahr für erneuerbare Energien werden.
Da Batteriespeicher und die Einführung von Elektrofahrzeugen untrennbar miteinander verbunden sind, prognostiziert BDO Global ein erfolgreiches Jahr für Speichersysteme für erneuerbare Energie. Der zunehmende Wettbewerb auf dem Markt für Elektrofahrzeuge durch Newcomer wie Rivian, Lucid, Ford und Chevy könnte etablierte Unternehmen wie Toyota und Tesla in Bedrängnis bringen.
8. Hybride Robo-Advisors könnten ihre Zeit haben
Hybride Robo-Advisors – also solche, die algorithmen-gesteuertes Investieren und den Zugang zu traditionellen Beratern anbieten – könnten im Jahr 2023 auf großes Interesse stoßen.
Da die Verbraucher in Zeiten von Inflation mehr Wert für ihr Geld verlangen, trifft die kostengünstige und fachkundige Beratung, die hinter hybriden Robo-Advisors steht, den Zeitgeist. Sie bieten eine Kombination von Dienstleistungen wie automatisches Rebalancing und Tax-Loss-Harvesting mit dem Zugang zu Finanzberatern an, und das zu einer Gebühr, die in der Regel niedriger ist als die eines traditionellen Beraters
In einer preissensiblen Wirtschaft sind Anleger/innen mehr denn je wertorientiert, so dass hybride Robos das Beste aus beiden Welten für Anleger/innen bieten, die sich nach Beratung sehnen, aber Angst vor den Kosten haben.
Author: Alexander Jones
Last Updated: 1699285082
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